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Erschienen am
24.11.2022

User-Tests – 5 Aspekte, die Sie unbedingt berücksichtigen sollten

Christina Pandya

Jeder „Service“, den Sie anbieten, sollte den Bedürfnissen Ihrer Benutzer:innen gerecht werden. Letztendlich ist der Erfolg Ihrer Website bzw. Ihres Online-Angebots von der Akzeptanz der tatsächlichen Nutzer:innen abhängig. Die positiven Nebeneffekte: erhöhte Nutzungsraten, verbesserte Conversion Rates sowie eine gesteigerte Benutzereffektivität und -produktivität. Laut Nielsen Jakob von der Nielsen Norman Group sollen allein die Kosten, die in eine verbesserte Usability investiert wurden, das Achtfache an Nutzen in Euro zurückgebracht haben.¹ Die Steigerung der Usability sowie die Durchführung von User-Tests machen sich also durchaus bezahlt. Auf den ersten Blick scheint eine Realisierung letzterer recht einfach – allerdings gibt es im Setting, der Ausführung und der Analyse der Ergebnisse einige Aspekte, die Sie kennen und berücksichtigen sollten.

Emotionen spielen eine wesentliche Rolle

User-Tests dürfen nicht mit Usability-Tests gleichgesetzt werden, da letztere Bestandteil der User-Tests darstellen. Innerhalb von Usability-Tests werden hauptsächlich die Bedienbarkeit und Benutzerfreundlichkeit in den Fokus genommen. Aber auch Aspekte wie die Gestaltung, die Erlernbarkeit, die Verständlichkeit des Dargestellten oder die Robustheit gegen Benutzerfehler spielen eine wichtige Rolle. Ein Teil, der oftmals zu kurz kommt, ist die Wahrnehmung von Emotionen und Empfindungen der User:innen  (Joy of Use). Eine Methode, die sich besonders eignet, um die Gefühle der Proband:innen während der Produktnutzung ans Tageslicht zu bringen, ist das „laute Denken“. Im Rahmen der Entwicklung einer Desktop-Applikation für einen unserer Pharmakunden konnten wir beispielsweise rechtzeitig feststellen, dass die Anwendung während der Nutzung zum Teil negativ aufgenommen wurde. Gefühle wie Irritation, Frustration oder Ratlosigkeit konnten durch das hautnahe Erleben von Emotionen rechtzeitig identifiziert und spezifisch gelöst werden.  
Fordern Sie Ihre Teilnehmer:innen deshalb dazu auf, ihre Gedanken während des Tests auszusprechen und zu benennen, wie sich die Nutzung der Website oder App anfühlt. Schließlich soll das Produkt nicht nur fehlerfrei sein und die Probleme der User:innen lösen, sondern auch Spaß machen und begeistern.

Auf die Reihenfolge kommt es an

Bei der Durchführung kompetitiver User-Tests, in denen Sie Ihr Produkt im Vergleich zu den Produkten von Mitbewerber:innen testen, ist es leicht, gefälschte Ergebnisse zu erhalten. Denn je nachdem, ob Sie mit einem durchdachten Produkt beginnen oder damit abschließen, wird das vergleichsweise schwächere Produkt schlechter oder besser ausfallen. Dies ist ein natürliches Phänomen, das es zu berücksichtigen gilt. Seien Sie sich daher darüber im Klaren, dass der oder die Tester:in Ihr Produkt schlechter bewerten wird, wenn Sie ihm oder ihr zuerst die Crème de la Crème vorführen. Eine mögliche Lösung: Sollte es um einfache Vergleiche gehen, können Sie beide Varianten parallel aufzeigen. Die Artefakte sollten am Testtag überdies den gleichen Reifegrad aufzeigen. Testen Sie niemals einen Low-Fidelity-Prototypen gegen ein fertiges High-Fidelity-Konkurrenzprodukt.

Suggestivfragen verfälschen Ergebnisse

Was sich so einfach anhört, hat es in sich. Wenn Sie Ihr Produkt auf Herz und Nieren testen wollen, ist es wichtig, Neutralität zu bewahren. Natürlich können innerhalb des Tests Denkpausen von Seiten der Nutzer:innen entstehen, die fälschlicherweise gefüllt werden wollen. Meine Empfehlung: Lassen Sie Denkpausen zu! Geben Sie den Nutzer:innen die nötige Zeit, das Produkt selbst zu erkunden und vermeiden Sie es, Vorschläge darüber zu machen, wie Aufgaben beendet werden könnten oder wo mögliche Fehlerquellen zu identifizieren sind. Darunter fallen ebenfalls Suggestivfragen, die Ihren Testteilnehmer:innen eine bestimmte Antwort vorgeben. Einerseits vermitteln Sie den Teilnehmer:innen somit nicht das Gefühl, einen Sachverhalt nicht durchdringen zu können. Andererseits werden die User:innen nicht dazu verleitet, Fehlerquellen zu nennen, die sie selbst gar nicht als Problem angesehen hätten.

Beweggründe sind nicht immer offensichtlich

Die Analyse der Nutzeraussagen gehört zur Königsdisziplin. Nutzer:innen kennen selten den wahren Grund für ein Problem oder können diesen nicht eindeutig benennen. Während der Entwicklung einer Applikation kam von Seiten eines oder einer User:in die Aussage auf, dass „der Prozess zu lang“ sei. Diese Aussage kann vielerlei Beweggründe haben und muss nicht bedeuten, dass der Prozess tatsächlich zu lang dauert. Vielleicht hatte der oder die Nutzer:in mit den eingetretenen Fehlermeldungen während des Userflows zu kämpfen oder der Prozess fühlte sich schlichtweg komplex an, da dem oder der Nutzer:in zu viele Optionen und Informationen aufgezeigt wurden.

In dem von uns genannten Beispiel empfand die Person den Prozess zu komplex, da sich diese durch den Informations-Overload erschlagen fühlte. Ein Gefühl von „Einfachheit“ konnte in diesem Fall bereits erreicht werden, indem weniger Informationen pro Screen abgebildet und dem oder der User:in, schneller ermöglicht wurde, von einem Schritt zum nächsten zu gelangen. Nicht eine reduzierte Anzahl an Schritten war hier ausschlaggebend, sondern die Menge an Informationen pro Screen.

Haken Sie also lieber zweimal nach und versuchen Sie durch Ihre Fragen – ähnlich wie ein:e Psychologin – den Aussagen Ihres Gegenübers tatsächlich auf den Grund zu gehen. Somit vermeiden Sie, dass das Produkt an Ihren Kund:innen vorbei entwickelt wird.

Zeitmangel: Ein KO-Kriterium für Ihre User-Tests

Ein ordentlicher User-Test gliedert sich in drei Phasen: die Vorbereitung, die Durchführung und die Analyse. Alle drei Aspekte haben ihre Daseinsberechtigung, weshalb Sie keine der Phasen weglassen oder kürzen sollten. Planen Sie je nach Testgruppe und Aufwand etwa eine Woche ein und überlegen Sie sich ein tragfähiges Konzept. Ein logisch aufbereitetes Testscript, das den Ablauf skizziert und alle Eventualitäten weitgehend abbildet, ist das A und O und benötigt Zeit. Denken Sie nicht nur an die Gestaltung einzelner Testaufgaben, sondern auch an die Definition eines klaren Testzieles sowie das Formulieren von Hypothesen, die es zu prüfen gilt. Nur dann kann ein User-Test auch optimal funktionieren.

Fazit

Unterschätzen Sie bei der Entwicklung Ihrer Websites und Applikationen niemals den Wert von User-Tests. Rechtzeitige Tests und damit verbundene Optimierungen wirken sich nicht nur positiv auf die Usability, sondern auch auf die Akzeptanz und den Return on Investment (ROI) Ihrer Projekte aus. Planen Sie sich ausreichend Zeit ein, um die Tests vorzubereiten und einen Leitfaden zu erarbeiten und versuchen Sie einen Eindruck darüber zu gewinnen, ob sich Ihre Nutzer:innen letzten Endes emotional angesprochen fühlen. Bewahren Sie während der Befragung Neutralität und nehmen Sie sich zum Ziel, stets die wahren Beweggründe Ihrer Nutzer:innen für ein aufgetretenes Problem zu erfahren. Auf diese Weise werden Sie aus Ihren User-Tests den größten Nutzen ziehen können.

Christina Pandya

Christina Pandya

ist studierte Art Direktorin und seit 2016 Teil des Teams bei Spirit Link. Als Creative Consultant unterstützt sie Kund:innen bei der Konzeption und der Gestaltung intuitiv zu bedienender Web- und App-Produkte sowie einzelner Kommunikationsmaßnahmen bis hin zu Marketingkampagnen. Durch ihre Zusatzausbildung im Bereich UX ist sie mit den Themen User Research, User Interface Design und User Testing vertraut und legt einen großen Wert auf die enge Zusammenarbeit mit Endkund:innen, um Produktlösungen zu erstellen, die deren Bedürfnissen gerecht werden.

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